Entstehungsgeschichte

Das klingende Leben des Chores „Cantate!“ in der Paul-Gerhardt-Gemeinde Karlsruhe

Irgendwann lässt sich  irgendwo ein Engel nieder………

Aus dem Freundschaftsdienst einer Privattaxifahrt aus der Stadtrandgemeinde in die Stadtmitte von Karlsruhe entstand unser Chor „Cantate!“.  Santiago Cano und seine Frau Rocío  aus Buenos Aires waren noch keine Woche in Karlsruhe, da kreuzten sich im März 2009 unsere Wege.

Dialog im Auto:

„Was machst Du hier in Karlsruhe?“

„Ich bin Chorleiter und mache jetzt für 1 Jahr ein Aufbaustudium über den DAAD bei Prof. Martin Schmidt.“

„Oh, ich bin in einem Chor, dessen Chorleiter eben dieses Amt aufgegeben hat…..!“

Am 23.04. 2009 wurde der Chor „Cantate!“ gegründet und zwar als Projektchor  für Aufführungen  von Bach-Kantaten in der Paul – Gerhardt-Gemeinde. Gründungsmitglieder waren die Pfarrerin Frau Dr. Ulrike Schneider-Harpprecht als Hausherrin, Santiago Cano als Chor- und musikalischer Leiter – im Auslandseinsatz – und Dr. Sibylle Domnick-Lüdke als Älteste in dieser Gemeinde und musikbegeisterte „Fadenknüpferin“.

Ungefähr 18 Projektchorsänger/innen fanden sich binnen 1 Woche über die öffentlichen Medien zusammen – ein paar Freundinnen und Freunde konnten auch gewonnen werden. Am 30.04. war die 1. Probe im „Stephanienbad“, am 07. Juni 2009 wurde die erste Kantate im Gottesdienst aufgeführt: BWV 100 “Was Gott tut, das ist wohlgetan“ !

Es müssen wohl himmlische Mächte mit im Spiel gewesen sein, denn innerhalb dieses 1. Jahres konnten wir  insgesamt  5 Bachkantaten in  den Gottesdiensten  aufführen:  2. Kantate BWV 93 „Wer nur den liebe Gott lässt walten“, 3. Kantate  BWV 47,  „Wer sich selbst erhöhet“, 4. Kantate   BWV 115 „Mache dich, mein Geist, bereit, 5. Kantate  BWV 132 „ Bereitet die Wege, bereitet die Bahn“. Die Instrumentalisten und  Solisten waren zumeist Mitstudierende von Santiago Cano an der Karlsruher Musikhochschule.  Der Zyklus  dieses fruchtbaren Jahres ist mit einem Gesprächskonzert zu diesen 5 Kantaten beendet worden, Kantor i.R. Karlheinz Schmidt war der Gesprächsleiter.

Das Gotteshaus  „Stephanienbad“ ist Zentrum der Paul-Gerhardt-Gemeinde und nach seiner Renovierung mit Umbau 1997-1999 klanglich und architektonisch einer der besten Kammermusikräume in Karlsruhe und wir sind sehr dankbar, hier unsere Chor- Heimat gefunden zu haben und die Räume sowohl zum Proben, als auch für unsere Konzerte nutzen zu können.  Für dieses Entgegenkommen zeigen wir uns für  den musikalischen Schmuck einzelner Gottesdienste  verantwortlich.

Der Name des Chores ist der An- und Ausruf „Singt!“ und ist uns verpflichtendes und geliebtes Programm. In der jüdisch-christlichen Tradition ist Singen ein wesentlicher Teil des Gottesdienstes und intensiviert unsere Hinwendung zu Gott.   Über physiologische  und heilsame Veränderungen des Körpers durch das Singen sind genug Forschungsuntersuchungen gemacht worden. Jeder Selbstversuch bestätigt eben  Gesagtes und beschert uns an jedem Montagabend ein wohliges, wenngleich müdes Befinden nach der 120-minütigen Chorprobe.

Nach genau 1 Jahr im März 2010 mussten wir von Santiago Cano Abschied nehmen, aber er vermittelte uns Annedore Hacker als übernehmende und weiterleitende Chorleiterin. Zu dieser Zeit war sie noch Studentin und ebenfalls bei Martin Schmidt in der Chorleiterklasse der Musikhochschule Karlsruhe. Mit ihr gehen wir seitdem gemeinsam diesen Musikweg. Wir überstanden gemeinsam Hitze und Kälte bei Konzertaufführungen. Wir mühten uns ab bei finnischen, lateinischen, hebräischen, englischen  und französischen Liedtexten und langsam wuchsen und wachsen wir in diesen speziellen Winkel unserer Kulturgeschichte.

Unser musikalisches Programm umfasst Komponisten aus der Renaissance bis zur Moderne mit Schwerpunkt Barock. Das Erarbeitete bringen wir in den Gottesdiensten, aber auch  bei 1-2 abendfüllenden Konzerten pro Jahr in Beiertheim und Umgebung zur Aufführung. Ob wir uns eines Tages auch auf Tournee begeben wie andere, etablierte Chöre? Wer weiß?

Besondere Herausforderungen und Glanzlichter waren bisher unsere Gemeinschaftskonzerte mit 2 anderen Chören von Annedore Hacker.

Die Mitgliederzahl des Chores schwankt zwischen 18 und 25   Personen unterschiedlichen Alters, Berufs und Geschlechts. Sie kommen  aus  verschieden Stadtteilen und nehmen auch weite Wege zur Chorprobe am Montagabend in Kauf.

Seit 2015  ist die Chorarbeit nun durch einen jährlichen Beitrag  der Chormitglieder finanziell sichergestellt, er beinhaltet sämtliche Ausgaben wie Notenmaterial, Öffentlichkeitsarbeit, das Entgeld für die Instrumentalisten,  Solisten und die Chorleitung. Die Stadtgemeinde Karlsruhe bzw. das Bezirkskantorat unterstützt jedes musizierende Mitglied, ebenso  unsere Paul-Gerhardt-Gemeinde. Sponsoren werden gesucht und sind willkommen.

Seit 3 Jahren  führen wir im Herbst Chorwochenenden durch, die in der intensivierten Probenarbeit unser Können wesentlich steigern und unser Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.

Frau Hackers Chorleitung besticht durch ihre auf  neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen der Stimmbildung basierende Stimmbildung in der warming-up-Phase bei jeder Probe. Die eigentliche musikalische Arbeit an den Stücken hat  durch ihre freundliche und konsequente Leitung und Anleitung eine hohe Effizienz. Mir persönlich gefällt ihre empathische Mitnahme auf den singenden Musikweg.

So trägt unser Chor „Cantate!“ ein Stückchen Kultur und Geschichte, Heilsames und Hoffnungsvolles, gesellschaftlich Relevantes  und gelebtes Christentum in unseren Stadtteil.

Warum wir diesen Aufwand treiben? Ich kann´s nicht sagen. – Landeplatz eines Engels?

“Vivat, crescat, floreat!“, möge der Chor noch viele, viele Jahre weiterleben, blühen und gedeihen und jeden einzelnen  aktiv oder passiv durch die Wechselfälle des Lebens begleiten.

 

Dr. Sibylle Domnick-Lüdke